Respekt taucht als Wert in vielen Unternehmensleitbildern auf. Das klingt erst einmal gut, doch die schlechte Nachricht: Er fördert nicht zwangsläufig auch erfolgreiche Zusammenarbeit. Denn falsch verstanden kann er das konstruktive Miteinander auch massiv behindern.
Die Schattenseite von Respekt
Respekt als absoluter Wert kann negative Auswirkungen haben:
Falls Respekt bedeutet, inhaltlich relevante Kritik an den Sachargumenten anderer zu verschweigen – um zu vermeiden, die Gefühle der anderen Personen zu verletzen.
Falls Respekt bedeutet, nicht weiterzudenken, wenn die Gruppe sich einig ist – um nicht die gute Stimmung und die Harmonie zu stören.
Falls Respekt bedeutet, die persönlichen Ansprüche und Bedürfnisse an gute Arbeit, an fachlichen Diskurs, an Rahmenbedingungen und so weiter nicht anzumelden, sondern sie generell den allgemein geltenden Regeln unterzuordnen – um die eigene soziale Zugehörigkeit nicht zu gefährden.
Falls das alles mit Respekt gleichgesetzt wird, dann besteht die dringende Gefahr von Groupthink oder auch Gruppendenken.
Groupthink
Ein Phänomen, bei dem die Haltung und das Können der einzelnen Person hinter dem Mainstream in der Gruppe zurücktritt. Die Gruppe bestimmt, was sich gehört und was nicht – und wer sich nicht daran hält, wird dafür eher ausgegrenzt. Alles, was stört, soll draußen bleiben.
Unterm Strich entgeht einem Team durch Groupthink sehr viel:
- Kreative Lösungen durch neues, unkonventionelles Denken und Vorgehen haben keine Chance.
- Die gemeinsame Entwicklungsfähigkeit wird geschwächt, denn regressive Kräfte setzen sich meist durch.
- Das Ineinandergreifen der im Team vorhandenen unterschiedlichen fachlichen Expertise wird verhindert, weil multiperspektivische Herangehensweisen Ungewissheit suggerieren und eher stören.
Was es braucht
Nicht, dass ich missverstanden werde: Respekt ist wichtig und ein zentral förderndes Element guter Zusammenarbeit!
Gerade deshalb ist es so wichtig, dass er seine positive Wirkung entfalten kann und Groupthink verhindert wird, indem...
… im Team definiert wird, worin das respektvolle Miteinander besteht.
… Auseinandersetzungen geübt werden, um fachliche von persönlicher Kritik unterscheiden zu lernen – sowohl im Geben als auch im Nehmen.
Fazit
Meinungsverschiedenheiten sind wichtig, um das gesamte fachliche, kreative und soziale Potenzial in einem Team nutzen zu können. Sie auf Augenhöhe und respektvoll austragen zu können ist ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor für gelingende Zusammenarbeit.